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Die Beschriftung des Kindlifresserbrunnens in Bern wurde aufgrund kontroverser Interpretationen aktualisiert und jetzt auch ein antisemitischer Ansatz erwahnt. Die Neubeschriftung der Altstadt im Rahmen eines UNESCO-Projekts aus dem Jahr 2013 umfasst insgesamt rund 150 Tafeln mit architekturhistorischen Fakten in Deutsch, Franzosisch und Englisch.
2024-05-21 11:05:02Zur Figur des Kindlifressers auf dem gleichnamigen Brunnen gibt es viele Deutungen. Diese können weder eindeutig bewiesen noch widerlegt werden. Die Beschriftung des Kindlifresserbrunnens in ihrer heutigen Form wird dieser Vielfalt an Interpretationsansatzen nicht gerecht. Sie wurde deshalb aktualisiert. Die Informationstafel erwahnt jetzt auch einen seit dem 19. Jahrhundert kursierenden antisemitischen Interpretationsansatz.
Die heutigen Beschriftungen in der Berner Altstadt gehen auf ein Projekt aus dem Jahr 2013 zuruck. Die Altstadt feierte damals ihr 30-jahriges Jubilaum als UNESCO-Weltkulturerbe. Aus diesem Anlass wurden historisch besonders interessante Gebaude, Brunnen und Brucken neu beschriftet. Die Texte enthalten die wichtigsten architekturhistorischen Fakten in Deutsch, Franzosisch und Englisch. Ziel der Neubeschriftung war es, die wichtigsten Objekte in der Altstadt Gasten aus dem In- und Ausland naherzubringen und auch Bernerinnen und Berner fur die Altstadt und ihre Geschichte zu interessieren und zu sensibilisieren. Insgesamt wurden rund 150 Tafeln montiert.
Zu den Objekten, die uber einen Text verfugen, gehoren die kunstlerisch und stadtgeschichtlich wichtigen Brunnen, darunter auch der Kindlifresserbrunnen. Dieser wurde um 1545 von Bildhauer Hans Gieng aus Freiburg geschaffen. Zur Figur entstanden uber die Jahrhunderte hinweg viele Interpretationen. Diese konnen weder eindeutig bewiesen noch widerlegt werden. Manche deuten den Kindlifresser als Kinderschreck, andere als Kronos oder Saturn, die ihre eigenen Kinder verschlingen. Auffallig sind Analogien zu einer Fasnachtsfigur.
Ab dem 19. Jahrhundert tauchte die Auslegung auf, dass der Kindlifresser einen Christenkinder verzehrenden Juden darstelle. Diese Interpretation schafft also eine Anknupfung an historisch belegte Phasen der Judenfeindlichkeit in Bern wahrend des Mittelalters. Die bisherige Beschriftung des Brunnens wird der Vielfalt an Interpretationsansatzen nicht gerecht - sie greift ausschliesslich die Deutung der Figur als Kinderschreck auf. Dieser Umstand, und insbesondere das Verschweigen einer Deutung in einem antisemitischen Kontext, hat in der Vergangenheit verschiedentlich zu Kontroversen gefuhrt. Aus diesem Grund hat die Prasidialdirektion der Stadt Bern vor langerem eine Neuformulierung der Beschriftung veranlasst.
Ziel ist es, auch kontroversen Deutungen den notigen Raum zu geben und damit eine faktenbasierte Auseinandersetzung mit der Stadtgeschichte zu begunstigen. Die dreisprachige Tafel beim Kindlifresserbrunnen wurde nun ersetzt.
(Quelle:Stadt Bern Bearbeitet mit ChatGPT)
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